Feminismus: Revolutionäre Frauenbewegung!?
Aktualisiert: 29. Aug. 2021

Feministen sind nur Frauen, die Männer hassen, sie sehen die Frau dem Mann übergeordnet, sind alle lesbisch und streben die gewaltsame Ausrottung der Männer zum Fortschritt der weiblichen Emanzipation.
Man braucht heute kein Feminismus mehr, weil Frauen und Männer inzwischen in Deutschland und der Türkei gleichberechtigt sind! Sie können wie die Männer wählen, autonom entscheiden, mit wem sie, was für eine Beziehung eingehen und welchen Beruf sie nachgehen möchten.
Viele Menschen, die sich mit dem Feminismus nicht auskennen, würden ungefähr so den Feminismus definieren. Die stärkste Annahme über den Feminismus ist, dass sie männerfeindlich sei. Aber was genau ist den der Feminismus? Wie, wann und warum ist diese Bewegung entstanden und welche Absichten verfolgen FeministInnen?
Was bedeutet Feminismus?
Der Begriff Feminismus ist abgeleitet von lateinischem ´femina´ und bedeutet Frau. Das Wort -ismus dagegen stammt aus dem griechischen -isma. Die Endung bezeichnet eine Lehre oder ein System und bedeutet "auf eine bestimmte Art handeln, vorgehen."
Zusammengefasst kann man das Wort Feminismus als eine Bewegung bezeichnen, die von den Bedürfnissen der Frau ausgehend, eine grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Normen und patriarchalischen Kultur anstrebt. Diese Veränderungen betreffen z.B. die traditionellen Rollenverteilungen der Frauen und Männer, die wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen Mann und Frau oder auch das Bild der Frau und ihre dementsprechende Stellung in der Gesellschaft (z.B. als Sexobjekt).
Geschichte der Frauenbewegung in Deutschland
Frauen im Mittelalter: eine Männerwelt
Frauen aller Stände galten schon vor und während des gesamten Mittelalters als Menschen niederer Stände, die dem Mann untergeordnet waren. Sie hatten keine politischen oder anderen Rechte, deren Legitimation theologisch und philosophisch begründet wurde. Auch innerhalb der Frauen gab es Unterschiede. Eine adelige Frau oder Äbtissin (Vorsteherin eines Nonnenklosters) genoss einen höheren Stellenwert als eine Frau aus dem niedrigeren Stand. Den niedrigsten Stellenwert hatte eine Frau, die ledig war.

Sie hatten zwar Entscheidungsfreiheiten bezüglich der Wahl des Ehepartners, mussten jedoch die Zustimmung der Familie einholen, was bei einer Ablehnung wieder Einschränkungen mit sich brachte.
Bei der Erziehung und Verwaltung des Vermögens der Kinder war die Frau allerdings in ihrer Entscheidungsbefugnis eingeschränkt. Der Mann hatte alleinige Befugnis darüber. Er konnte auch seiner Frau etwas verbieten und entscheiden, ob und wann sie ihre Kinder sehen durfte.
Bei Ehebruch waren dagegen sowohl der Mann als auch die Frau legitimiert, sich scheiden zu lassen. Aber bei der Frau stand dieses Vergehen wiederum unter Strafe und beim Mann jedoch nicht.
Er durfte sich diesen Ausrutscher eher erlauben und hatte weniger Konsequenzen. Die schlimmste wäre die Scheidung seitens der Frau. Aber viele Frauen, die vom Ehebruch betroffen waren, schauten lieber weg, weil eine Scheidung für sie ein sozialer Abstieg bedeutete.
Neben den ganzen Einschränkungen, die eine Frau dulden musste, war es ihr auch verboten, sich im Interesse Dritter zu verpflichten. Sie durfte bspw. keine befreienden Schulden Dritter übernehmen oder ein Darlehen aufnehmen. Verpfänden oder jemanden bürgen durfte eine sie im Mittelalter ebenso nicht. Der Grund war, dass man Frauen als unerfahren und nicht rational denkend sah. Der Verbot sich im Interesse Dritter zu verpflichten galt übrigens auch für männliche Bauern und Soldaten.
Dies hatte aber auch ein Vorteil für Frauen. Wenn eine Frau nämlich jemanden etwas verpfändete, der einen höheren Wert hatte als die erhaltene Leistung, konnte sie oder ihr Ehemann das anfechten und wieder rückgängig machen, weil sie ja als nicht rational galt.
Ein Mann war neben all denn Rechten auch dazu berechtigt, seine Frau zu verstoßen und körperlich zu züchtigen.
Im Spätmittelalter (ca. 1300-1500) lebte 3/4 der Bevölkerung Preußens auf dem Land. Manche Frauen arbeiteten neben den häuslichen Pflichten auch bspw. als Tagelöhnerinnen, Handwerkerinnen oder waren in der Heimarbeit tätig, die eher zum Zweck der Existenzsicherung diente, weil die finanzielle Lage v.a. in niedrigeren bäuerlichen Familien sehr schlecht war.
Die Löhne waren oft sehr schlecht und niedriger als die der Männer. Im nördlichen Deutschland arbeiteten ca. 25% - 30% als Tagelöhnerinnen und mussten nebenbei noch das eigene Land wirtschaften. Trotz derselben Arbei bekam ein Frau als Lohn nur die Hälfte von dem, was ein Mann bekam.
Der Mann war das führende Geschlecht, während die Frau im Haus ihre Aufgaben fand. Sie leistete kaum Widerstand, da sie keine bis wenige Rechte hatte: sie hatte kein Wahlrecht, nur geringe Karrierechancen (nur mit Zustimmung des Ehemannes) und hatte einen geringen Status.
Erste Emanzipationsbewegungen
Erste Emanzipationsbewegungen der Frauen begannen im Zeitalter der Aufklärung (1715-1789), deren Grundgedanke die Gleichwertigkeit aller Menschen war. Zur der Zeit war das Wort Gleichwertigkeit ein Schimpfwort. Als die Bürgerlichen und Arbeiter gegen die Monarchie ankämpften, begannen die ersten Emanzipationsbewegungen der Frauen.

Männer aus niedrigeren Ständen begannen, politische und soziale Rechte gegen Könige und Feudalherren zu fordern. Zeitgleich begannen auch die Frauen, sich für ihre Rechte zu engagieren, was aber von den Männer verdrängt wurde. Es waren hauptsächlich wohlhabende Frauen, die im Zuge der Französischen Revolution für Frauenrechte kämpften. Sie hatten einfach die Zeit und das Geld, die die Frauen aus niedrigeren Ständen nicht hatten. Ärmere Frauen mussten alles selber machen im Haushalt und in der Erziehung. Einer der bekanntesten Verfechterinnen für Frauenrechte war Olympe De Gouge - eine Theater-Autorin, die mit extremer Diskriminierung konfrontiert war. Sie veröffentlichte die "Erklärung der Rechte der Frauen" und kritisierte darin, dass Revolutionäre nur Männerrechte in der Verfassung verankert haben. Sie wurde daraufhin wegen Forderung der Frauenrechte im Jahre 1793 hingerichtet.
In den 1830-er Jahren fingen nach Frankreich, England und den USA auch in Deutschland Frauen an, für ihre Rechte zu kämpfen, die zu dieser Zeit unter Vormundschaft ihrer Väter und Ehemänner standen. Das Aufbegehren der Frauen im Zeitalter der Aufklärung ließ erstmals in der Geschichte der Frauen ein feministisches Bewusstsein entstehen.
Frauen in der Industrialisierung: von der Landwirtschaft ins Büro
Mit dem Beginn der Industrialisierung (1830 und 1870) begannen Frauen auch in den Städten in Textil- und Tabakindustrien zu arbeiten. Ein Aufstieg war nur durch eine Heirat oder als Aufseherin in Textilindustrien möglich.

Unsere heutigen Rollenbilder sind gesellschaftlich vor allem durch die industrielle Revolution entstanden. Durch die Entstehung von Industrien entwickelt sich die Erwerbsarbeit, in der der Mann nun außerhalb des Hauses arbeitete und die Frau sich um den Haushalt und die Erziehung kümmerte. Man unterschied zwischen öffentlichem Raum, den der Mann verkörperte und privatem Raum, den die Frau verkörperte. Das der Frau die Erwerbstätigkeit abgesprochen wurde, wurde naturbedingt erklärt. Frauen wurden Eigenschaften wie Wärme, Selbstlosigkeit oder Fürsorge zugesprochen, während der Mann als stark, rational und handwerklich galt. Dies legitimierte die patriarchale Rolle der Männer in der Familie und ihre Erwerbstätigkeit. Mit der Zeit störten diese starren Bilder aber immer mehr Frauen, weshalb von Frauen gefüllte Bewegungen entstanden, die für mehr Rechte eintraten. Die erste große Welle erlangte die Frauenbewegung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die für höhere Frauenlöhne appellierte. Die Verbände forderten für die selbe Arbeit und Leistung auch denselben Lohn wie die der Männer. Das stieß aber bei den männlichen Gewerkschaftsvertretern auf Widerstand, da sie der Meinung waren, Frauen führen leichte Arbeit und müssen daher geringer entlohnt werden. Ein weitertes Argument war, dass Frauen geringere Bedürfnisse als Männer hätten, da sie keine Familie ernähren müssen wie Männer. Trotzdem erhielten Witwen oder allein erziehende Mütter, die ihre Kinder selbst ernähren mussten, nicht denselben Lohn wie die Männer.
Bis zur Jahrhundertwende (1896-1910) arbeiteten immer mehr Frauen in Büros, Warenhäusern oder als Beamtinnen im Telefondienst. Dieser Trend setzte sich fort und die Frauenbewegung stärkte sich zunehmend. Sie setzte sich im Kaiserreich auch sehr stark für bessere Frauenbildung ein. Vor allem für bürgerliche Töchter. Mit Erfolg: 1896 wurden Frauen erstmals für das Abitur zugelassen und im Jahre 1908 auch offiziell an Universtäten. Außerdem wurde ihnen im selben Jahr die Mitgliedschaft in eine Partei oder einem Verband erlaubt. Nach dem ersten Weltkrieg 1919 waren Frauen in Deutschland nun auch wahlberechtigt.
Frauen im 20. Jahrhundert: Akzeptanz
Die erste Frauenbewegung in Deutschland, deren Wurzeln bis weit in das 19. Jahrhundert zurückreichen, konnte eines ihrer wichtigsten Ziele umsetzen, als am 30. November 1918 das aktive und passive Wahlrecht für Frauen eingeführt wurde. Frauen erlangen damit erstmals eine staatsbürgerliche Gleichberechtigung. Bei den ersten Wahlen, wo auch Frauen wahlberechtigt waren, machten 90 % von ihrem Stimmrecht Gebrauch und 37 (10%) weibliche Abgeordnete zogen in die Nationalversammlung der Weimarer Republik.
Im Parlament forderten sie weitere Reformen der Frauenrechte auf dem Weg zur Gleichberechtigung, die in 1922 zur Einführung des Mindestlohnes und die Aufnahme der Heimarbeiterinnen in die Sozialversicherung, die Zulassung als Rechtsanwältinnen und Richterinnen zu arbeiten und im Jahre 1927 die Neureglung des Mutterschutzgesetztes führte.

Im Nationalsozialismus (1933-1945) wurde eine Frau wieder nur auf ihr Dasein als Mutter zurückversetzt. Die höchste Ehrung einer Frau war das Mutterkreuz. In diesem Zeitraum erlitt die Frauenbewegung einen Stillstand in ihrer Emanzipation.
Nach dem Ende der NS-Regierung 1945 erarbeitete das Parlament eine Verfassung, in dem nur noch vier Frauen vertreten waren. Durch die SPD-Politikerin Elisabeth Selbert wurde Artikel 3 "alle Männer und Frauen sind gleichberechtigt" in das Grundgesetz aufgenommen, das erst 1959 - neun Jahre später- umgesetzt wurde im Gleichberechtigungsgesetz. Nun hatte durch dieses Gesetz ein Mann nicht mehr das alleinige Entscheidungsrecht in allen Eheangelegenheiten.
Die zweite Welle der Frauenbewegung forderte in den 1960-er Jahren weitere Rechte - mit Erfolg. Seit 1962 dürfen Frauen ein eigenes Konto verfügen und der Schwangerschaftsabbruch ist teilweise straffrei seit 1976. Ein weiterer Erfolg ist bspw. die Erwerbstätigkeit der Frauen seit 1977 ohne die Erlaubnis ihrer Ehemänner oder auch der Verbot seit 1997, dass ein Mann seine Ehefrau in der Ehe vergewaltigen darf.
Heute haben Frauen seit der Geschichte der Menschheit die meisten Rechte und die meiste Anerkennung. Sie sind gesetzlich gleichberechtigt mit dem Mann, können frei entscheiden, welchen Beruf sie ausüben, welchen Partner sie wählen und wie sie ihr Leben gestalten.
In der Praxis sieht es aber oft anders aus.
Geschichte der Frauenbewegung in der Türkei
Frauen im Osmanischen Reich: Die erste Welle
Die erste türkische Frauenbewegung gab es schon vor der Gründung der Türkei im Osmanischen Reich. Die osmanische Staatsführung wollte, dass Frauen sich bilden, um die Stellung des Staates wirtschaftlich und sozial zu verbessern. Der Staat zielte dabei auf die traditionelle Rolle der Frau als Mutter und Ehefrau und gründete 1869 erste berufsbildende Schulen für Frauen, wo sie zur Krankenschwester oder Lehrerin ausgebildet wurden. Die Bildungspolitik brachte so intellektuelle Frauen hervor, die sich in Wohltätigkeitsvereinen und Frauenzeitschriften gruppierten, um Einfluss an öffentlichen Debatten über ihre Stellung als Frau zu nehmen. So begannen Frauen sich im späten 19. Jahrhundert und frühen 20. Jahrhundert öffentlich mit ihrer politischen und gesellschaftlichen Stellung auseinanderzusetzten. Dies war die erste Welle der türkischen Frauenbewegung. Sie forderten Zugang zu universitären Bildungsinstitutionen, die Verbesserung der zivilrechtlichen Stellung der Frau und die Aufhebung der Polygamie (Vielehigkeit). Inspiriert von der Revolution und der Aufhebung von Vereinsgründungen sowie der Pressezensur, traten sie mit ihren Forderungen an die Öffentlichkeit. Die Frauenfrage nahm eine zentrale Stellung in dieser Epoche des Osmanischen Reichs.

Frauen zur Gründungszeit: Kampf ums Dasein
Fatma Aliye Toplu war die erste weibliche Schriftstellerin der türkischen Literaturgeschichte seit der Gründung der Türkei 1923. Gleichzeitig war sie eine bekennende, konservative Frauenrechtlerin, die für die Modernisierung des Systems eintrat. Sie war der Meinung, in der islamischen Gesellschaft ist die rechtliche Gleichstellung der Frau möglich und an Geschlechterungleichheiten sei nicht der Glaube, sondern die patriarchale Unterdrückung schuld.
Mit der Gründung der Replik Türkei gründete Neziye Muhiddin (1889-1958) -eine Frauenrechtlerin und Journalistin - die Frauenpartei im Jahre 1923/24 und forderte das Wahlrecht sowie das Recht, dass Frauen als Nationalrätinnen kandidieren. Jedoch wurde die Frauenpartei von der kemalistischen Partei als zu radikal empfunden und verboten. Daraufhin gründete Muziye den türkischen Frauenverein und versuchte bei den ersten Wahlen mit einem feministischen Mann zu kandidieren, um ihre politischen Ziele zu erreichen. Dieser trat jedoch wegen Verhöhnung zurück.